Der richtige Platz – ein Fallbeispiel aus der Praxis


Es ist ein elementarer Punkt der Systemischen Ordnungen, dass alles und jede und jeder den richtigen Platz hat/erhält – unabhängig davon, ob lebend oder verstorben. So zeigt sich in Aufstellungen u.a. immer wieder, wie wichtig es ist, dass auch abgetriebene oder durch Fehlgeburten verlorene Kinder geachtet werden und ihren Platz im System erhalten. Geschieht dies nicht, so hat es häufig weitreichende Folgen – vor allem für das direkt danach geborene Kind ist es von grosser Bedeutung...
 
Wie eindrücklich sich solche Zusammenhänge in Systemischen Aufstellungen zeigen können, soll die folgende kurze Schilderung darstellen.

  • Es handelt sich um einen realen Fall aus der Praxis, wobei hier nun nicht die gesamte Aufstellung protokolliert, sondern bloss eine prägnante Sequenz daraus nacherzählt wird.
  • Die Aufstellung fand 'verdeckt' in einer Gruppe statt, was bedeutet, dass niemand der Stellvertreter wusste, was das Thema der Aufstellung war und wofür er oder sie stand.
  • Die Aufstellung fand im Wald stand.
  • Einfachheitshalber verwende ich hier nachfolgend bloss die männliche Schreibform, unabhängig davon, ob eine Frau oder ein Mann in der jeweiligen Rolle stand.

Der Stellvertreter eines Kindes im Vorschulalter (XY) stellte sich immer wieder auf einen halb verwesenen Baumstrunk, stieg wieder hinab und dann wieder hinauf... Er sagte dazu mit allmählich etwas verzweifeltem und leidgeprüftem Ausdruck: "Mich zieht es immer wieder da hin, aber es tut so weh an den Füssen (aus dem Baumstrunk ragten spitze Holzstücke), weshalb ich jeweils wieder runter muss, aber dann muss ich es doch stets erneut versuchen... – weiss auch nicht, warum..."
Daraufhin wird ein Stellvertreter für ein Kind, das die Mutter durch eine Fehlgeburt verloren hatte (einige Jahre vor der Geburt von XY), dazu genommen (noch immer 'verdeckt'). Dieser Stellvertreter sagt aus, dass es ihm sehr gut gehe, streckt seine Arme in der Art einer aufgehenden Sonne aus und sagt dabei, er sei eben soo... (quasi übergross und überall). Er blickt zu XY bzw. dessen 'Problem', schüttelt den Kopf und sagt, es sei doch ganz einfach zu lösen. Sogleich beginnt er damit, Laub zusammenzutragen und mit diesem den Baumstrunk zu befüllen und auszupolstern. Als er damit fertig ist, lädt er XY dazu ein, sich draufzustellen, was dieser auch tut. Mit strahlendem Gesichtsausdruck steht XY sodann auf dem hölzernen 'Podest', stellt erleichtert fest, dass es nun nicht mehr schmerzt und verkündet freudig: "Jetzt bin ich glücklich. Endlich habe ich den richtigen Platz." 

Illustration zu einem Fallbeispiel aus der Systemischen Praxis, Aufstellung Fehlgeburt, Mädchen steht im Wald auf einem Baumstrunk

 

Kleine Randbemerkung für alle Skeptiker ;): Diese Geschichte ist viel zu nah am Lehrbuch, um glaubhaft ausgedacht zu sein... :))