Mia schafft das

 

Die kleine Mia möchte lernen, Fahrrad zu fahren. Sie beginnt erst mit einem kleinen Rad mit Stützrädern, übt eifrig und beherrscht es schon recht bald - sie scheint Talent dafür zu haben. Doch ihr Vater meint, das sei so ja auch echt keine Kunst und entfernt die Stützräder. Die kleine Mia ist zwar erst etwas enttäuscht, dass ihr Erfolg nicht gewürdigt wird, doch sie hat viel Willen und Kampfgeist, weshalb sie sich kaum etwas anmerken lässt und sich sogleich in die neue Herausforderung gibt. Den gesamten kommenden Tag verbringt sie unermüdlich mit Üben, fällt immer wieder hin, steht immer gleich wieder auf und versucht es von Neuem... bis sie es endlich kann. Als ihr Vater von der Arbeit kommt, führt sie ihm ganz stolz ihre Fahrkünste vor. Doch dieser sagt, der Fahrradsattel läge derart tief, dass es ja nicht wirklich soo schwierig sei... er stellt Sattel und Lenker hoch und meint: „Mal sehen, ob du's auch so noch kannst.“ Mia ist zwar etwas enttäuscht, dass das erwartete Lob erneut ausbleibt, nimmt aber auch diese Aufgabe an. So nutzt sie in den folgenden Tagen jede freie Minute, um zu üben, mit den neuen Grössenverhältnissen umzugehen... was ihr schliesslich auch gelingt. Doch es reicht ihr nicht. Diesmal möchte sie auf Nummer sicher gehen, ihren Vater zu beeindrucken, und so setzt sie noch einen drauf: Sie übt, freihändig zu fahren. Als sie es gelernt hat, wartet sie auf der Quartierstrasse, unweit vom Elternhaus entfernt, bis ihr Vater von der Arbeit angefahren kommt - sie möchte ihn überraschen. So fährt sie freihändig, freudig strahlend, auf ihn zu. Sehr stolz auf ihre Leistung und voller Vorfreude auf seine Reaktion fragt sie ihn, als dieser aus dem Auto ausgestiegen ist, ob er gesehen habe, was sie nun kann. Doch dieser meint bloss lapidar mit gleichgültiger Stimme, dass es verboten sei, freihändig zu fahren.

 

Was lernt Mia aus dieser und ähnlichen Erfahrungen? Welche Glaubenssätze entwickeln sich daraus?

 

Eine Möglichkeit hierfür wäre zum Beispiel: „Egal, was ich tue, es reicht nie aus, ist nie gut genug.“

 

Mia ist inzwischen erwachsen, und ihr Vater hat rein äusserlich betrachtet keinen Einfluss mehr auf ihr Leben. Doch durch diesen tief verankerten Glaubenssatz wirkt seine einst stets kritische Stimme aus Mia's Innern und beeinflusst so noch heute ihr Denken und Handeln. Deshalb steigen immer wieder Zweifel in ihr hoch, die ihre Fähigkeiten, deren Wert und auch sie selbst in Frage stellen.

 

Wenn Mia dies bewusst wird und sie den Glaubenssatz als solchen entlarven kann, wird es ihr möglich zu erkennen, dass heute sie selbst es ist, die diesen unbewusst am Leben hält und dass auch bloss sie selbst ihn auflösen bzw. überschreiben kann.

 

Dieser Glaubenssatz entstand damals aus dem Blickwinkel eines Kindes, das in Abhängigkeit der Eltern stand. Wenn Mia sich die Situation nun rückblickend, aus einer objektiveren Perspektive anschaut, so kann sie andere Schlüsse daraus ziehen und somit auch ein positiveres Selbstbild entwickeln. Konkret könnte sie auch als Erwachsene, die sie heute ist, in die damalige Situation gehen, um sie zu verändern und/oder ihr Inneres Kind da rauszuholen...

 

Ihr neuer Glaubenssatz könnte danach zum Beispiel lauten: „Egal, welche Herausforderungen sich mir auch stellen mögen, ich schaff' das.“ oder auch „Es reicht. Ich muss nichts beweisen. Ich bin gut genug."

Schwarzweissfoto von kleinem Mädchen auf Fahrrad, Blog Artikel von Lichtpunkt Leben über Glaubenssätze